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Qsicon Exzellent Dieser Artikel wurde am 02. September 2013 als Spotlight der Woche vorgestellt.

„Legionszeit“

Ein Auszug aus der Vorgeschichte von: Auder; Zelotin der Scharlachroten Faust

Lagerleben ...

Morgens. 6. Stunde. Die Glocke des Wachturms ertönt laut über den Wiesen und angrenzenden Wäldern. „Die sechste Stunde hat geschlagen! Ehrt die Legion!“ hallt es wie jeden Morgen über die noch im Schlaf liegenden Zelte des Heerlagers. Wie jeden Morgen wird der Ruf vereinzelt beantwortet. Wie jeden Morgen wird irgendein neuer Spruch gerissen, der den Weckruf ins Lächerliche zieht. Heute ist es: „Mehrt den Thron!“ Die Wache auf dem Turm lacht auf. In einem der Zelte muss auch eine junge Kriegerin lachen, die durch den Glockenschlag aus dem Schlaf gerissen wurde. Wie jeden Morgen zwängt sie sich durch den viel zu niedrigen Eingang der kleinen Fell-behangenen Jurte und streckt, draußen angekommen, ihre verspannten Glieder.

Ihr Blick schweift über das angrenzende Schlachtfeld. Morgendliche Nebenschwaden hängen noch über den ehemaligen kargen schneebdeckten Wiesen. Inzwischen gleichen sie einem schlammigen Acker. Schweres Kriegsgerät, unzählige Hufe und Stiefel ließen dem Gras keine Chance. Langsam kriecht ihr die morgendliche Kälte in die Knochen. Mit einem missmutigen Grummeln schlingt sie den Umhang aus schwarzen Schafsfell fester um sich. Noch halb schlaftrunken trabst sie in Richtung des Küchenzeltes, wo ein in die Jahre gekommener, dicklicher Mann bereits dabei ist, allerlei Tongeschirr für das Frühstück aufzutürmen.

“Guten Morgen, Darsan” lächelt die junge Kriegerin dem Wirt zu. Der ältliche Herr lächelt zurück, hält kurz inne, und gießt ihr, ohne einen weiteren Kommentar, Tee in einen irdenen Becher. Auder nimmt dankbar an … und sei es nur, um ihre Finger zu wärmen. Die jung Frau schmunzelt.

Eigentlich waren sie gar nicht so schlecht, diese kleinen Vorteile, die sie sich erarbeitet hatte. Nicht jeder musste wissen, dass den Wirt das Heimweh nach seiner Familie plagte. Es genügte, wenn sie das wusste und ihm zuhörte, abends während der Met geleert wurde. Wenn die Barden ihre Lieder sangen und selbst die hartgesottenen Krieger beim leisen Gesang melancholisch wurden. Darsan war kein hartgesottener Mann. Er war ein einfacher, bodenständiger Wirt, der meist ein geselliges Schmunzeln im Blick trug. Ihm ging so was nah. Auder hatte die Abende sowieso nichts besseres zu tun. Sie mochte Darsan, doch wenn sie ehrlich war, basierte die Hälfte ihres Mitgefühls eher darauf, dass sie es für notwendig hielt, sich mit Wirt und Koch so gut wie möglich zu stellen.

Windstreich und Hallard haben sich für heut Morgen angekündigt.” Verrät ihr Darsan leise. Auder rollt bei der Erwähnung des Inquisitors entnervt mit den Augen. “… von Eichfeld” murmelt sie verächtlich. "Was will der denn?” Sofort reißt sie sich zusammen. Das war vielleicht ein wenig viel offen gezeigte Abneigung. So ist nie gut. Man weiss nicht, wer gerade noch zuschaut oder hört. Doch der Wirt reagiert nicht sonderlich auffällig und spricht leise weiter. “Windstreich will zwei Dutzend Männer, um die Munitionslieferung zum Mausoleum zu bringen.“ Die junge Kriegerin hebt eine Augenbraue. „Das hat sie doch vorgestern schon.“ Darsan nickt. „Die Lieferung wurde von den Frostwyrm abgefangen.“

In diesem Moment ändert sich die Gesichtsfarbe der jungen Kriegerin schlagartig. „Aber ....!“ Sie spricht ihre Gedanken nicht aus. „Die Flugmaschinen wurden innerhalb von Sekunden auseinander gerissen ... und ihre Ladung ...“ Weiter kommt der Wirt nicht. Die junge Kriegerin hechtet bereits zu ihrer Jurte, schnappt sich kommentarlos ihre Rüstung und sammelt ihre Waffen zusammen.

Kaum will sie zum Tor sprinten, verstellt ihr Darsan den Weg. „Windstreich wird sich darum kümmern. Sie wird Soldaten ausschicken. Deswegen kommt sie doch.“ Versucht er Auder zu beruhigen, doch die junge Kriegerin ist bereits weit davon entfernt, sich auch nur annäherungsweise zu beruhigen. „Das war ... VORGESTERN! .... Vorgestern!“ protestiert sie. „Wir erfuhren erst gestern, was ...“ Doch Auder unterbricht den Wirt mit einem zornigen Knurren. „Ich geh da jetzt raus!“ Doch ein fester Griff um ihren Arm hält sie zurück. „Nein, das wirst du nicht...“ entgegnet der Wirt ruhig, aber bestimmt. Die junge Kriegerin starrt ihn wutentbrannt in die Augen. Scheint kurz davor, auf den älteren Mann mit bloßen Händen loszugehen.

„Du ... bist kein Soldat. Du gehörst zum Versorgungstross. Du kannst dort nicht raus.“ Die junge Kriegerin kocht vor Zorn. Schnaufend starrt sie den Wirt an. Dann plötzlich ... mit einem lauten Wutschrei schleudert sie ihre Rüstung vor dem Eingang ihrer Jurte auf den Boden und wirft eines ihrer Schwerter über die Barrikaden aufs Schlachtfeld. Mit einem Ruck entwindet sie sich dem Griff des Wirts. Wenn sie nur wüsste, wohin mit ihrer Wut. Der letzte Rest Selbstkontrolle hindert sie daran, Darsan zu attackieren. Ihr ganzer Verstand wird nur von einem Gedanken beherrscht. Sie muss dort hinaus. Ihre Waffenbrüder sind dort draussen. Etwas in ihr weigert sich, diesen Gedanken zu ende zu denken. Sie muss dort raus, der Rest ist unwichtig. Darsan lässt sie gewähren. Er ahnt es. Es wird zu spät sein ... Sie läuft trotzdem los.

Ich bin der Krieger...” hallt es durch ihre Gedanken. ”Bin eingeschlossen in kalten Stahl.” Mehr stolpernd als laufend bewegt sie sich blindlinks über das schlammige Schlachtfeld. Ihr Zorn hält sie aufrecht. Mehr als einmal fällt sie. Der Dreck interessiert sie nicht. Es ist ihr egal. „Ich weiß nichts von den Manieren an des Königs Hof.” Wie eine Litanei rezitiert sie diese Sätze kaum hörbar. “Ich kann nicht heimlich zuschlagen… Ich kann keinen Gegner zu Asche verbrennen.… Ich muss meinem Feind nahe sein. Ich sehe seine Augen. Ich rieche seinen Atem. Ich schmecke seine Furcht. Er schmeckt die meine.”

Ein verzweifelter Blick fällt in Richtung der Aasfelder und dem, was darüber schwebt. „Ich habe keinen Freund auf meiner Reise… Kein Tier tröstet mich in meinem Leid …” tönt es in ihrem Kopf. “Mein einziger Gefährte ist meine Waffe.”

Wieder versinkt sie bis zu den Waden im Schlamm. Vor Wut knurrend rappelt sie sich auf, läuft weiter auf die Aasfelder zu. „Ich muss für sie sorgen, besser als irgendein Jäger je für sein Tier gesorgt hat.” Die junge Kriegerin spürt die Anstrengung vom Lauf über das schwere Gelände. “Ich muss sie beherrschen, besser als jemals ein Hexer seine Dämonen beherrscht hat… Ohne mich ist sie nutzlos. Ohne sie bin ich nichts.”

Keuchend hetzt sie weiter. Ihre Schritte vor Erschöpfung langsamer, schleppender. „Alles was ich tun kann, um andere zu schützen ist mich selbst hinzuhalten, mein Blut, meine Knochen. Den Angriff der Gegner auf mich zu ziehen.” Die monoton gemurmelten Worte halten sie aufrecht. “Wenn ich töte, ist es langsam. Langsam und blutig für alle, auch mich selbst.”

In der Ferne erkennt sie die Panzer der Belagerungstruppe ... Thorsons Posten. “Ich kämpfe weiter, verletzt und zerschlagen, damit meine Gefährten den Ruhm des Tötens ernten, und den Siegeskranz erringen.” Die Belagerungstruppe. Dort ist Hilfe. Dort sind Antworten. “Wenn ich falle, und sie leben, dann war das ein Opfer, das von mir erwartet wird.“ Aus dem Augenwinkel erkennt sie einen Schatten auf sie zukommen… “Ich lebe in jeder Rasse.” Der Schatten bewegt sich merkwürdig abgehackt, schlurfend nicht geschmeidig, nicht gleichmäßig. “Ich kämpfe unter tausend Flaggen, auf Millionen von Schlachtfeldern.” Ein dumpfes klagendes Geräusch dringt aus seiner Richtung in ihre Ohren. “Ich werde fallengelassen von den Vornehmen und verachtet von den Edlen.”

Aus dem Augenwinkel erkennt sie im Wind wehende Fetzen und eine Aufwärtsbewegung hinter dem Schatten. “Bis zu der Zeit zu der die Kriegstrompeten erschallen…” Mit einem wütenden Aufschrei fährt sie herum und reißt ihr verbleibendes Schwert mit beiden Händen abwehrend nach oben. Stemmt sich gegen den Angriff. Die herabsausende Axt perlt an der Länge ihrer Klinge zur Seite ab. Instinktiv duckt sie sich trotzdem. Der Skelettkrieger setzt nach. Auder weiss bereits, aus welcher Richtung der nächste Schlag kommt. Er wird den Schwung nutzen. Untote waren nicht bekannt für raffinierte Axtkämpfe. “Betet zu euren Göttern, dass ich dann immer noch antworte auf diesen Ruf.” Mit einem lauten Kriegsschrei dreht sich die Kriegerin an ihrem untoten Gegner vorbei, noch ehe er vollständig zum nächsten Schlag ausgeholt hat, verschränkt ihr Schwert im Axtblatt und reißt dem Skelett mit einem Ruck die Waffe im Vorbeigang nach hinten aus den Klauen. Die Axt fällt zu Boden. Auder läuft weiter. Dreht sich nicht um.

Wenige folgen dem Ruf. Noch weniger überleben….” Die Belagerungstruppe ist ganz nah. Sie weiss, dass die ersten bereits auf die heranstürzende Kriegerin aufmerksam geworden sind. “Der Weg des Kriegers ist eine lange und steinige Strasse. An ihr liegen Schmerz und Angst und Tod. Knappe Entlohnung und noch knapperer Dank.” Vor ihren Augen rollte ein Dampfpanzer in ihr Sichfeld. “An ihrem Ende liegt für die Meisten von uns ein einsames Grab oder stürmisches Schlachtfeld.” Ein Wink signalisiert ihr aufzuspringen. “Und dennoch kämpfe ich weiter.” Mit einem wissenden Schmunzeln deutet der zwergische Pilot auf eine der Munitionskisten. “Vielleicht für Ehre, vielleicht für Ruhm, vielleicht für Geld, vielleicht für mein Land, vielleicht für meine Familie. Vielleicht weil es alles ist, das ich kann.” ….

“Ich lenke, du wirfst.” ... Ein kampfeslustiges Lächeln überzieht das Gesicht der jungen Kriegerin. “Aye, Aye, Sir!”

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