Forscherliga-Wiki
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Seit kurzem scheint in der Bibliothek eine immer größere Fülle an Büchern und Dokumenten aufzutauchen unter anderem auch dieses, welches keine Unterschrift trägt und auf festem Pergament in gestochen scharfer Handschrift verfasst wurde.

Mit einer beiläufigen Geste strich der Mann sich eine graue Haarsträhne aus dem Gesicht. Sein Blick war ernst, sein Gesichtsausdrück gegrämt und das Grau seines Haares zog bereits in den dunklen Bart ein. Seit nunmehr 10 Jahren kam er immer wieder hierher, in freudiger Erwartung und mit noch größerer Trauer im Herzen. Lordaeron war seine Heimat geblieben und der Anblick der hohen und starken Mauern erfüllte ihn auch heute wie stets mit Stolz und Ehrfurcht. Doch sie waren dunkler geworden im Laufe der Jahre. Keine Glocken erschollen mehr und erinnerten an den Ruhm von Rittern, keine Kinder tobten ausgelassen um den Lordameresee, wo er gerade stand. Nichts schien sich an die alte Pracht und das brodelnde Leben in seiner geliebten Stadt zu erinnern. Nichts und niemand außer ihm. Keiner gedachte mehr dem Tod seines Königs, dessen Grab er nur in seinen Erinnerungen zu besuchen vermochte. Keiner gedachte all der Opfer, die hier gefallen waren. Keiner gedachte mehr dem verlorenen Glanz, der verlorenen Heimat.

Eines Tages würde es wieder sein Lordaeron sein. Das schwor er Jedem, doch tief im Herzen wusste er, dass er das wohl nicht mehr erleben würde. Viele seiner Freunde waren bereits gefallen. Jünger als er, stärker als er. Doch das hielt die Verlassenen nicht ab. Und noch mehr seiner Mitstreiter würden fallen, ehe die Verlassenen und ihre Bansheekönigin Lordaeron freigäben.

Ob Aralyn ihn einen Narren geschimpft hätte? Sie war immer die Bodenständige gewesen, er ein Querdenker, ein Träumer, ein Narr, der noch heute voller Sehnsucht auf die Mauern seiner einst so glanzvollen Heimat starrte und hoffte sie möge neu erstrahlen. Bestimmt würde sie ihn schelten, schelten und lachen - und ihm doch den Rücken stärken. Nie würde er ihr Lachen vergessen. Niemals. Ebensowenig wie er Lordaeron vergessen würde und das Leben, das sie dort geführt hatten.

Närrischer alter Mann, schimpfte er sich. Einst warst du ein Mitglied der Königsgarde und nun sieh dich an!
Er straffte die Schultern. Es war Zeit aufzubrechen. Die Anderen warteten sicher schon auf ihn. Ein flüchtiges Lächeln huschte über seine Züge. Er würde vielleicht nicht mehr dabei sein, wenn Lordaeron neu erblühte, doch er würde es im Glanz des Lichts, wiedervereint mit Aralyn wissen, dessen war er sich gewiss.

Als er sich Stunden später vor den Kamin setzt, wanderte sein Blick über die anderen. Leute wie ihn. Leute, die an Lordaeron glaubten, für die es ein Symbol war. Leute, die den König nicht vergessen hatten. Leute, die kämpfen würden.
Cecric Namwall. Oh der Gute war beinahe so alt wie er selbst. Die Falten verrieten den Mann, auch wenn er trotz seines hohen Alters jedem Feind die Stirn bieten konnte.
Nein, nein. Er schüttelte den Kopf. Ihre Hoffnung lag in den Jungen. Sie, die Alten, konnten nur hoffen, ihnen den Weg zu ebnen. Bei diesem Gedanken durchlief ihn ein kaltes Schaudern. Wie viele wohl in ein paar Jahren noch leben würden? Kinder hatten die meisten nicht, doch die Kämpfe forderten Opfer. Ihr kleiner, kaum drei Dutzend Mann starker Trupp vermochte Kuriere aufzuhalten aber nicht, eine Stadt einzunehmen. Er seufzte tief als die Hoffnungslosigkeit ihrer Lage ihn übermannte.

Und, wie stets in solchen Momenten, in denen er allein am Feuer saß, die anderen beobachtend, und Furcht um ihr gemeinsames Ziel ihn erfüllte, schien der junge Feuerkranz dies zu spüren und steuerte auf ihn zu. Er setzte sich neben ihn, reichte ihm einen Krug Bier und lächelte.
Der Alte erwiderte das Lächeln. Gleich würde der Junge eine seiner Triumphreden halten, wie immer, um ihn aufzumuntern. Er erinnerte ihn an sich selbst vor wenigen Jahren: Voller Hoffnung und bereit zum Kampf.

"Lordaeron wird frei sein.", begann Feuerkranz, doch als er den Blick des Alten bemerkte, verstummte er. Sie alle merkten, wie ihre Zahl schwand, auch wenn niemand darüber sprach. Doch dann nickte der Alte. "Ja, die Königsgarde Lordaerons gab auch nie auf. Wir werden unsere Heimat befreien."
Er mochte den Jungen und hoffte er würde lange leben, heiraten, eine Familie gründen und so alt werden, wie er selbst es war. Er hoffte es wirklich.

Es war kaum ein Jahr vergangen, als Kennt Feuerkranz nur mühsam die Tränen zurückzuhalten vermochte. Er hatte den alten Sansill gemocht. Als er in der letzten Nacht gestorben war, war für alle Verbliebenen der Verlust spürbar gewesen. Sie hatten gemeinsam an seinem Grab gebetet, welches sie gerade zuschütteten.

Er würde nicht aufgeben. Er würde den Traum des Alten, ihrer aller Traum wahr machen, auch wenn er jetzt, in dieser dunklen Stunde auf den Gesichtern seiner Freunde Trauer und Hoffnungslosigkeit lesen konnte. Es musste einfach wahr werden. Lordaeron würde frei sein!
Entschlossen trat er die Erde fest und blickte in die Ferne. Er würde die so dringend benötigte Hilfe finden. Sie konnten nicht die einzigen sein, die an Lordaeron glaubten. Er würde eine Armee aufstellen, die Stadt befreien und ihr zu neuem Ruhm verhelfen.

Von dem Brief im Schreibtisch des Alten ahnte er nichts, nichts von den letzten Abschiedsworten und Wünschen des alten Mannes für ihn. Nichts von Hoffnung auf ein friedliches Leben als Ehemann, Familienvater fernab von Krieg und Tod. Seine Worte sollten den jungen Feuerkranz nie erreichen.
Es war Cecric Namwall, der den Brief fand und sogleich verbrannte.

Für Lordaeron, sagte er sich. Für Lordaeron. Vergib mir, alter Freund. Jemand muss diesen Weg als Anführer weitergehen.

Noch in der nächsten Woche reisten die Männer nach Sturmwind ab. Nur dort, so glaubten und hofften sie, würden sie unter der Leitung Kennt Feuerkranzes die Hilfe und Unterstützung finden, die sie brauchten, um ihr Ziel zu erreichen.


Unter dem Text findet sich winzig klein, ja beinahe nicht mehr leserlich, eine kleine Bemerkung des Autors: In Sturmwind verließ ich die Garde, meine Zeit naht. Liest du jemals diese Zeilen, mein junger Freund, vergib einem alten Narren seine Sünden und bereue deine Schritte nicht. Ich scheide aus dieser Welt in dem Glauben, dass deine Entschlossenheit das Licht ist, das uns den Weg in die Heimat bahnt. C.

OOC: Diese Geschichte wurde geschrieben von Ethaldra.

Vielen lieben Dank nochmal dafür.

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