Forscherliga-Wiki
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Kein Ort so schön wie Süderstade. Kein Wasser so blau wie hier. Kein Händler sonst so schöne Ware, kein Mensch so fröhlich wie wir. Die Mädchen sind die schönsten im Land, das kann ja jeder sehn'. Und wenn es dir hier nicht gefällt... du Tölpel! So musst du gefälligst fortgehn'! Kein Ross so stolz wie unser. Kein Bier so kühl, wie dieses. Oh Süderstade, hier bleib ich immer munter und sage dir Bruder, genieß es. Die Becher hoch, so hoch. Auf Süderstade trink ich. Hier werd ich bleiben, es ist zu beneiden. Hoch! Ja hoch! Auf Süderstade trink ich."


Die lallenden Männergesänge aus der Schenke drangen bis in das Verwaltungsbüro im Süderstader Ratshaus. Der Herbst nahte und die sommerliche Hitze klang noch nach.

Es war bereits spät und Cecilia schob wie immer Überstunden. Sie hatte keinen Grund sich zu beeilen. Die Hausarbeit war gemacht, niemand wartete in dem Cottage auf sie. Ein Dokument nach dem anderen überflog sie und heftete die unzähligen Blätter in einen schweren Ordner. Das schwache Kerzenlicht ließ die Stapel lange Schatten auf den schweren, mit Schnitzereien verzierten Eichentisch fallen. Lediglich den Wein gönnte sie sich nach Arbeitsende. Sie trank langsam, genüsslich und bearbeitete dann einen weiteren Stapel. Sie müsste nicht auch die Verwaltung Süderstades übernehmen, doch sie sagte Greta, der Stadthalterin der damaligen Zeit, sie solle doch nach Hause gehen. Cecilia erreichte bis dahin vielleicht 31 Lenzen. Sie hätte den darauf folgenden Tag frei gehabt, hätte zum Tanz gehen können, doch sie zog es vor noch einige wichtige Skripte zu überfliegen und umzuschreiben. Sie würde auch an ihrem freien Tag kommen. Wie immer.

Die junge Frau war tatsächlich eine Augenweide. Etwas dürr vielleicht. Doch ihre langen, schwarzen Haare, die dicht waren wie Pferdehaar ließen so manche Frau vor Neid gelb werden. Sie bändigte sie in einem schnöden Zopf. Die braunen Rehaugen kniff sie stets ernst zusammen. Natürlich gab es massenweise Verehrer. Die großgewachsene Frau aber hatte das Interesse an einem "Liebesleben" oder alles, was dem nahe kommen könnte verloren, nachdem sie ihren Verlobten vor einigen Jahren mit einer blonden Schönheit inflagranti erwischte.

Ihre Eltern pochten natürlich auf Nachwuchs. Möglichst nur Jungen, sagten sie. Die Familie Thorn hatte genügend Männer hervorgebracht, die den Namen weitertragen würden, wie auch ihre beiden Brüder Aaron und Nikolas, die jedoch selbst ihr Leben schon verwirkt hatten. Sie waren zu alt, um nun noch Nachwuchs zu zeugen. Aaron allein wurde Vater in frühen Jahren, doch das Neugeborene starb im Kindbettfieber, auch seine Frau erlag diesem. Die Thorns glaubten, sie seien verflucht. Und tatsächlich war diese Familie der Zweig des Stammbaumes, den die anderen Mitglieder der Sippe am liebsten hätten verdorren sehen. Cecilias Familie war stets eine Diplomatenfamilie. Im Kampf waren sie nie sonderlich geübt. Cecilia äußerte nach ihrem Studium den Wunsch an einer Kampfschule Unterricht nehmen zu dürfen, was ihr jedoch strikt untersagt wurde. So nahm sie die Stelle in Süderstade an, die ihr Vater ihr mit seinen weitreichenden Kontakten vermittelte. Die junge Dame reiste seither durch das Königreich von Lordaeron, um sich mit totlangweiligen, selbstverliebten Schnöseln zu quälen oder sich die Wehklagen der Bevölkerung anzuhören. Natürlich sah man ihr ihren Status an. Ihre Kleider waren extravagant. Doch sie legte keinen Wert darauf, wohnte nicht in der Villa, die ihr zustand, sondern nahm mit einem kleinen Cottage im Wald vor Tirisfal vorlieb.

Dumpfes Knurren. Cecilia ließ ihre Hand vom hölzernen Schreibtisch zu ihrem vibrierenden Bauch wandern. Vor einigen Stunden konnte sie das ermahnende Knurren ihres Magens noch recht gut ignorieren, doch aus einem kleinen mahnenden Hungerknurren ist ein bellendes Ungetüm geworden, das rebellierend gegen ihre Magendecke schlug. Noch bevor er sich erneut melden konnte, fuhr sie auf. Sie ordnete die Stapel, schob sie an den Rand des dunklen, schweren Tisches und rückte den Stuhl ran. Sie löschte das Licht, nachdem sie ihre Tasche aufnahm und verließ den Raum. Als sie gewissenhaft alle Türen abgeschlossen hatte machte sie sich zu Fuß auf den Weg nach Hause. Es sollte eine Stunde dauern, doch der Marsch würde ihren müden Knochen gut tun. Sie sollte sich öfter bewegen, wenn sie wieder im Büro ist.

Zuhause entfachte sie das Feuer im Kamin und setzte etwas Wasser auf, dann entledigte sich die Diplomatin ihren Kleidern. Cecilia wusch sich gründlich, als müsste sie all den Staub der archivierten Bücher im Rathaus Süderstaades von sich abwaschen. Als sie fertig war, schlüpfte sie in eine saubere, wenn auch nicht sonderlich schöne Hose. Sie musste oft getragen worden sein, Flicken auf den Knien verrieten es. Trotzdem schmeichelte der Schnitt ihren langen, glatten Beinen. Dann streifte sie sich ein sauberes, weißes Hemd über den Kopf und ging trotz nasser Haare hinaus. Der Mond präsentierte sich stolz und mächtig am Nachthimmel. Cecilia nahm eine Wasserkanne, befüllte sie in der Regentonne und wässerte die Lilien, die auf der Ostseite ihres Cottages wuchsen. Nirgends wuchsen sie sonst. Nur an ihrem Häuschen. Als die Thorn ihr Cottage wieder betrat schnitt sie etwas Brot, füllte sich das heiße Wasser ab und ließ einige Kräuter in der Tasse quellen. Cecilia setzte sich auf den Boden vor dem Kamin und schon bald, nachdem ihr Magen wieder besänftigt war, glitt sie auf dem Teppich in den Schlaf.

Wie entgeistert fuhr sie auf, als es kräftig an der Tür polterte. Es war bereits Tag, die Sonne stand noch nicht hoch, also hatte sie wenigstens nicht verschlafen. Sie raffte sich schwerfällig auf und trottete zur Tür, welche sie nur ein Stück weit öffnete. Dem kräftigen Klopfen nach hätte sie nicht vermutet, dass nun ein jünglicher, dürrer Knabe vor ihr stehen würde. Da sie also keine Bedrohung erkannte öffnete sie die Tür ganz und murmelte: "Was gibt's?" "Seid gegrüßt Fräulein Thorn. Magistrat Henry Maleb schickt mich Euch ausrichten zu lassen, dass Ihr in drei Stunden in Herdweiler erwartet werdet." "Herdweiler? Aber da war ich doch erst letzte Wo.." Der Junge unterbrach: "Weiterhin bittet Euch Magistrat Henry Maleb, dass..." Cecilia hörte nicht weiter zu, es war ihr nicht Recht, dass der Bengel ihr die Worte abschnitt. Sie fragte sich, was sie wohl in Herdweiler erwartete und seufzte. Der Knabe ließ sich noch etwas Taschengeld von Cecilia mitgeben und verabschiedete sich freundlich der Etikette entsprechend. Dann jedoch musterte er die Kleidung von Cecilia und begann zu grinsen, so dass sie wutenbrannt die Tür zufallen ließ.

"Herdweiler also...", murmelte sie und zog sich die Ärmel des weißen Hemdes glatt, dass sie unter dem Kleid tragen würde. Cecilia freute sich auf Tirion Fordring. Er war stets ein angenehmer Gesprächspartner, wenn auch etwas zu viel Paladin für ihren Geschmack. Sie stieg in die rote Robe, die goldene Applikationen schmückte. Thorn streichte den cremefarbenen Unterrock zurecht und beschloss, dass sie sich keine Kurven mit einer Korsage zumogeln würde. Ein schlichtes, rotes Haarband bändigte den schwarzen Samt, der ihren Kopf über die Schulterblätter hinabfloss.

Als Fräulein Thorn's karamellfarbenes Pferd die Straße zum Marktplatz von Herdweiler einschlug, fielen ihr gleich die prunkvolle Kutsche und zwei seltsam anmutende besattelte Vogelwesen auf, die von den Stallburschen ebenso argwöhnisch wie furchterfüllt zu der Tränke geführt wurden. Cecilia stieg ab und ließ auch ihren Hengst von einem Knaben tränken. Noch bevor sie die Stufen der langen Treppe zum Rathaus erreichte kam ihr bereits ein dicklicher, von Kopf bis Fuß in Seide gehüllter Winzling von einem Mann entgegen gehuscht. "Lady Thorn, wie schööön. Wir erwarten Sie bereits." "Wer ist "wir", geschätzter Herr Schatzmeister?" " Lord Fordring und die noble Familie Silberschwur." "Die wer..?", mehr konnte sie nicht herausfinden, da sich bereits die Tür zum Konferenzsaal öffnete und sie bestimmend von dem kleinen, breit lächelnden Mops hineingeschoben wurde.

"Lady Thorn! Es ist mir eine Freude Euch wieder zu begegnen. Gut, dass Ihr so schnell hier sein konntet." Cecilia musste zugeben, dass der junge Paladin wirklich gut aussah. Und seine warme, für das Alter untypische Stimme ein angenehmes Surren in ihrem Kopf hinterließ. Für ihre Familie käme er jedenfalls als perfekte Partie in Frage. "Lord Fordring, auch ich freue mich. Trotzem frage ich mich aus welchem Anla..", als sich Tirion Fordring etwas drehte, konnte sie einen Blick auf die anderen Gäste werfen.

Sie waren umwerfend. Alle hatten sie diese goldenen Haare. Und ihre Augen schimmerten, dass Cecilia bei ihrem Anblick ganz anders wurde. Nicht nur die langen Ohrenspitzen verrieten, dass es sich bei ihnen nicht um eine menschliche Spezies handeln konnte. Lord Tirion Fordring beugte sich hinunter und nuschelte Cecilia zu, "Ich brauche Eure Hilfe, diese... Silberschwur wollen ein Bündnis. Henry Maleb sagte, er übernehme das. Verzeiht, dass ich Euch nun im Stich lasse, meine Liebe. Aber wichtige Angelegenheiten können nicht warten." Er ballte die Faust vor seiner Brust und salutierte vor Cecilia. Man konnte ihr die Enttäuschung ansehen, doch sie fing sich schnell wieder und trat auf die Hochelfen zu, die sich gebührend bewirten ließen von der Herdweilerischen Dienerschaft. Hochelfen, schoss es ihr durch den Kopf. Ihr diplomatisches Interesse reichte für gewöhnlich nur bis an die Grenzen des Reiches der Quel'dorei.

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